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[03•02]

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Gleisdorfer Stadtjournal: "Spuren" #9

Anton Kober
Von Martin Krusche

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Glück? Nein. Glück wird es wohl nicht gewesen sein, wenn es einem gelingt, persönliche Leidenschaft in einen Beruf zu übersetzen, um damit und davon zu leben. Viele Menschen träumen davon. Manche bringen es zustande. Mit Phantasie und Engagement.

Anton Kober war ursprünglich ambitionierter Modellbauer. 1972 eröffnete er in Gleisdorf sein Bastelegschäft. Basteln. Das war damals noch wesentlich handwerklicher orientiert. Balsa- und Sperrholz im Zentrum des Geschehens. Modellbaupläne, die man kaufte, um danach zu arbeiten. Mit den Jahren kam eine starke Verschiebung zu Bausätzen mit vorgefertigten Teilen ins Spiel. Heute dominieren fertige Standmodelle.

Es begann alles auf 15 Quadratmetern Raum. Eine Dimension, die man in der Geschichte von unzähligen Gleisdorfer Betrieben als "Standardgröße" des Anfangs betrachten könnte.

Auch wenn Kober seine Geschäftsfläche inzwischen etwas vergrößert hat, rangiert er immer noch in einem Format der Vergangenheit. Warum? Das ist eine Besonderheit an seinem Geschäft. Die notwendigen Entwicklungen und Erweiterungen hat er in den virtuellen Raum verlegt. Kober residiert in einem kleinen Haus. Aber er führt einen Betrieb von europäischem Format und spielt auch auf dem Weltmarkt eine Rolle.

Der ehemalige Computertechniker hatte schon früh ein Faible für drahtlos ferngesteuerte Modelle. (Vom englischen "Radio Control" kommt das Kürzel "RC-Modelle".) "Erste brauchbare Anlagen sind bei uns ungefähr 1965 erhältlich gewesen. Das waren Flug- und Schiffsmodelle. Autos mit Benzinmotoren hat es zirka ab 1980 gegeben."

Zugleich erinnert sich Kober, daß er schon als Volksschüler beim Bünte japanische Plastikbausätze im Schaufenster gesehen hat. Aber die RC-Autos hatten es ihm schließlich angetan. Mit einer wachsenden Wettbewerbsszene entstand ein Interesse an Hochleistungsmotoren. Da wurde nun, was wohl kaum bekannt ist, Gleisdorf zu einem "Impulszentrum" Österreichs. Die Entwicklung beschreibt Kober so: "1980 hatte ein 3,5 ccm-Motor bei 16.000 UpM gerade 0,5 PS. Heute hat er bei 47.000 UpM 2,95 PS." Praktisch eine Versechsfachung der Leistung.

Zu dieser Entwicklung hat Kober maßgeblich beigetragen. Durch seine Kontakte mit den Produzenten der Motoren, vor allem in Italien. Durch Erfahrungsaustausch, technische Vorschläge, Rennpraxis. Kober: "Da hat der Großvater vielleicht mit einer mechanischen Werkstatt in einer Garage angefangen. Der Vater, meine Generation, macht eine kleine Fabrik daraus. Der Sohn hat dann studiert und ändert alles."

Veränderungsprozesse. Heute arbeitet er in der Schaltzentrale seines Hauses in der Weizerstrasse an drei Computern. Einer davon ist immer online. "Ich kaufe auf dem Weltmarkt ein." Die Stücke machen in Gleisdorf Station. "Und gehen dann wieder in die Welt hinaus." Bis vor drei, vier Jahren war Kober noch auf die Rennszene konzentriert. Inzwischen hat das Angebot an fertigen Standmodellen sich als Schwerpunkt herauskristallisiert. Hauptsächlich in Maßstäben von 1:18. Aber auch 1:43 und Raritäten in anderen Größen. Da reden wir nun von rund 2.000 Fahrzeugen, die man im Haus besichtigen kann. Für diese "Die Cast-Szene" hat er das Geschäft um zwei Räume erweitert. Aber der "Hauptraum" befindet sich im Internet. Kober: "Ich habe europaweit sicher das größte Angebot."

Doch das heißt nicht, daß er nur vor dem Bildschirm sitzt. Im Gegenteil. Er ist leidenschaftlich auf Reisen und würde die reale Begegnung mit Menschen niemals aufgeben: "Alle 14 Tage bin ich auf meiner Tour über Mailand und Bologna." Ebenso gelegentlich in Hongkong oder wo immer interessante Stücke aufgestöbert und Kundenwünsche erfüllt werden können. "Wenn jemand eine 1968er Alfa Giulietta haben möchte, dann diskutieren wir, welche Modelle davon interessant sind."



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