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Gleisdorfer Stadtjournal: "Stimmen" #10

Marianne Suppan
Von Martin Krusche

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Arbeitslosigkeit ist eines der ganz beunruhigenden Ereignisse, das einen immer treffen kann. Nicht nur die Gefährdung der eigenen Existenz fühlt sich bedrohlich an. Auch der Verlust an Sozialprestige kann Arbeitslose sehr hart treffen. Der steigende Druck in der gesamten Wirtschaft wird natürlich an die einzelnen Menschen weitergegeben. Egal wie sie damit fertig werden.

Früher war unter anderem "das Arbeitsamt" für solche Angelegenheiten zuständig. Der unangenehme Beigeschmack dieses Begriffes ist den meisten Menschen noch geläufig. Was wir heute als "Arbeitsmarktservice" vorfinden, kurz: AMS, hat ganz andere Strukturen, Aufgaben, Ziele.

Nach unseren eingeführten Wertekatalogen wird Arbeitslosigkeit häufig als ein persönliches Versagen betrachtet. Diese Sichtweise orientiert sich an vergangenen Zeiten und ignoriert oft, wie radikal sich die Arbeitswelt allein innerhalb des letzten Jahrzehnts verändert hat. Marianne Suppan, Geschäftsstellenleiterin des AMS Gleisdorf, hat täglich mit diesen Fragen zu tun. Und mit den realen Bedingungen, denen Menschen heute gerecht werden müssen. "Firmen mit langjährigen Stammbelegschaften gibt es kaum noch." sagt sie. Die engen Kalkulationen, durch die man im Geschäft bleibt, haben harte Konsequenzen. "Bei Auftragslücken wird heute immer schneller mit Kündigungen reagiert. Das Überbrücken solcher kritischen Situationen ist seltener geworden."

Suppan betont auch: "Saisonarbeit hat es immer gegeben. Jahresarbeitszeitmodelle, etwa für Baugewerbe oder Gastronomie, haben sich nicht durchsetzen lassen." Solche herkömmlichen Problemlagen sind durch einige neue Anforderungen erweitert worden. Suppan: "Die Kurzlebigkeit des Wissens ist gravierend. Qualifizierung, das heißt Weiterbildung, muß persönlich gesucht werden." Dabei zeigt sich leider oft: je geringer die Qualifikation von Menschen, desto geringer die Bereitschaft zur Fortbildung. Die Herabwürdigung betroffener Menschen hilft niemandem, schadet bloß. Man müsse sich für Information und Motivation engagieren, meint Suppan. "Arbeitslose dort abholen, wo sie sind." Zum Beispiel mit Orientierungskursen und sehr gezielten Qualifizierungsmaßnahmen.

Arbeitssuchende haben beim AMS eine andere Rolle als seinerzeit das Klientel des "Arbeitsamtes". Suppan: "Wir haben zwei Kundengruppen. Arbeitslose und Unternehmer." Das mag schon verdeutlichen, wie sehr es auf beiden Seiten um Eigeninitiative geht, die seitens des AMS professionelle Unterstützung und Begleitung erfahren kann. Ein Informations- und Dienstleistungsunternehmen. Suppan: "AMS-Mitarbeiter nehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung sehr bewußt wahr."

Dazu gehören auch jährliche Planung, das Erarbeiten von Schwerpunkten und Definieren von Zielen, deren Erreichung überprüft wird. Die Angebotserstellung, so Suppan, richtet sich heute sehr konkret nach dem Bedarf der Wirtschaft. Schulungspläne werden gemeinsam mit Experten aus der Wirtschaft erarbeitet. Aber es zählt nicht nur Fachwissen. Auch soziale Kompetenz ist wichtig.

"Die zentrale Lage von Gleisdorf ist vorteilhaft. Die Verkehrslage ist gut. Es gibt Standortvorteile." Suppan ortet bei den Unternehmen, vor allem bei Mittel- und Großbetrieben, verstärkt positive Tendenzen. "Sie sehen Mitarbeiter wieder mehr als wertvolle Kraft und nicht bloß als Kostenfaktor. Ich merke, daß es wieder mehr Mitarbeitergespräche gibt. Die Unternehmer kommen drauf, daß die Belegschaft ein wichtiges Potenzial ist."

Man muß ja auch bedenken, daß es schon in zehn Jahren viel mehr Ältere als Jüngere geben wird. Da klingen laut Suppan schon heute Fragen an wie "Warum zählt meine Erfahrung nicht mehr?" "Warum zählt meine Loyalität nicht?" "Wo ist die Wertschätzung für das was ich kann?"

Suppan stellt außer Frage: "Arbeitslosigkeit geht uns alle an. Das Wohlergehen einer Region wird davon mitbestimmt." Sie gibt zu bedenken: "Was sind die sozialen Folgen langjähriger Arbeitslosigkeit?" Das könne man nicht ignorieren. Daraus leite sich auch ab: "Was kostet’s uns alle, wenn man nichts tut?" Da sind die Bürgermeister als Entscheidungsträger in einer Region ebenso gefordert wie andere Kräfte.



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