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Gleisdorfer Stadtjournal: "Stimmen" #2

Erika Schomandl
Von Martin Krusche

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Zwischen Leistungssport und Freizeitvergnügen liegt eine energische Trennlinie. Dennoch ist Freude das herausstechende Motiv, wenn man mit Erika Schomandl über ihre Tennisleidenschaft spricht. Dabei muß die zarte Frau über ganz erhebliche mentale und körperliche Dispositionen verfügen. Sie wurde eben Europameisterin. Klasse 75 plus. Während also viele Menschen, die wenigstens dreißig Jahre jünger sind, bloß noch auf der Fernseh-Couch punkten, hält die 1926 in Hartberg geborene Schomandl ihre Möglichkeiten auf hohem Niveau. In einem Metier, wo man mit 13 bis 16 zeigt, wozu man taugt; wo man um die 20 zu Spitzenleistungen fähig ist. Aber eine 33-jährige Tennisspielerin gilt als "alte Dame".

Als Hauptmotiv nennt die Sportlerin Freude an Bewegung. Zielstrebigkeit und Konsequenz hält sie gar nicht für erwähnenswert, verkörpert diese Eigenschaften einfach. Schomandl begann als Ballmädchen ihrer Mutter, die bis ins achtzigste Lebensjahr gespielt hat. Da war Tennis noch kein Breitensport. Weiß vor allem. Weißer Rock, weißes Leibchen. Entweder mit dem englischen Palmzweigerl oder mit dem französischen Krokodil. Aus. Schläger und Bälle von zwei Anbietern. Aus. Nicht die Materialvielfalt von heute. Nicht die verschiedenen technischen Konzepte. (Einst waren Holzschläger mit Darmbespannung schon das Besondere.) Sportförderung? Gab es keine.

Schomandl betont die Wichtigkeit des Teams. Also auch des Clubs. Und daß es erfahrene Leute gibt, die Talente erkennen und fördern. 1951 hat sie geheiratet und fand in ihrem Mann eine wichtige Stütze, woraus sie immer wieder Motivation bezog. Wenn man hier keinen Rückhalt habe, gehe es wohl kaum, sagt sie. Die Anforderungen des Sports würden da zu sehr mit den familiären Belangen kollidieren.

In der Obersteiermark legte Schomandl ein solides Fundament für ihren weiteren Weg. Jedesmal mit dem Fahrrad von Zeltweg nach Judenburg zum Training. Das Ergebnis: obersteirische Meisterin. 1962 zogen die Schomandls nach Gleisdorf. Über die folgenden 15 Jahre sagt die Sportlerin: "Erst beim ASV wurde ich Spitzensportlerin." Die körperliche Konstitution muß um die passende Einstellung und Bereitschaft zum Erfolg erweitert werden. Schomandl schreibt dem Talent zehn Prozent zu. 90 Prozent des erforderlichen Einsatzes sei Arbeit.

So durfte das Alter kommen, in dem immer noch gilt: "Wenn ich Tennis spiele, gehe ich auch den Alltag mit mehr Elan an." Bewegung als vitales Prinzip. Nach wie vor trainiert sie in der Halle dreimal die Woche. Sommers, im Freien, oft alle zwei Tage. Die Anforderung: "Sich Ziele setzen und diese erreichen wollen. Man geht zum Turnier um zu gewinnen." Auch wenn es einmal nicht so gut läuft. Aus ihrer langjährigen Erfahrung weiß Schomandl: "Nie vorzeitig aufgeben. Der letzte Ball entscheidet."

Sie sagt: "Der Wille muß da sein." Also immer wieder klären, wozu man in der Lage ist und wie man das umsetzt. "Man darf nicht resignieren." Vor diesem Hintergrund muß freilich auch ein wenig Glück Platz finden. "Ich hab nie ausgesetzt und war auch nie schwer verletzt." Daß man aus diesen Zusammenhängen auch Prinzipien für ein ganzes und vor allem langes Leben beziehen kann, liegt nahe. Heute spielt Schomandl pro Jahr im Schnitt zwei Europameisterschaften und zwei internationale Turniere. Allerdings: Die Konkurrenz ist schmal geworden.



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