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Gleisdorfer Stadtjournal: "Spuren" #1

Technisches Kaufhaus Lebler
Von Martin Krusche

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Der Großvater, der Vater, der Sohn: Michael, Alfred und Alfred Lebler. Ihre Lebensarbeit ist ein kleines Stück Geschichte der Arbeitswelt. Das Geschäft im Haus Bürgergasse 1, seit Jänner geschlossen, spiegelt etwas von der Geschichte Gleisdorfs. Wenn Lebler, Jahrgang 33, erzählt, hört man nicht "Ich, ich, ich." Er spricht wie selbstverständlich von dem, was der Großvater, der Onkel, der Vater getan haben, was seine Frau beitrug.

Onkel Michael war 1920 in diesem Haus geboren worden. Er leitete später 13 Jahre die Feistritzwerke. Was heute Geschäftsokal ist, war früher noch zur Hälfte ein Schlafzimmer. Wie auch die kleine Werkstatt, neben der man nach wie vor die alte Küche findet. Anfangs wurde hier mit landwirtschaftlichen Geräten gehandelt. Pflüge. Futterschneidemaschinen. Milchzentrifugen; die sogenannten Separatoren. Es gab das unbeständige Karbid zu kaufen, mit dem Lampen gespeist, Schweißgeräte betrieben und Wühlmäuse bekämpft werden konnten.
Als Radios erschwinglich geworden waren, handelte der Vater mit Dedektoren. Apparate, deren Herzstück kleine Kristalle waren. Schließlich Röhrengeräte, die erst warm werden mußte, daß man etwas hören konnte. Das Geschick zu deren Reparatur eignete man sich selbst an. Gewerbliche Bindungen und eine formale Ausbildung gab es natürlich noch nicht. Dafür war alles zu neu. Hier ging es vor allem um persönliche Initiative.

Nach dem Krieg begann alles wieder mit dem Radiohandel. "Es gab uns und den Bünte." sagt Lebler. Fernsehen kam erst später. Wer erinnert sich noch an den Viehmarkt auf dem Postgrund? Es gab Tombolas, die über Platzlautsprecher durchgegeben wurden. Aufbau vier Uhr morgens. Kabel verlegen. Achten, daß der Röhrenverstärker nicht wegen Überhitzung ausfällt. "Mein Vater hat auch gleich den Conferencier gemacht."
Wer erinnert sich noch? Es hieß: "Der Lebler sagt an!" Durch solche Tombolas konnte der Sportclub SC 1919 nach und nach Streifen des Grundes kaufen, auf dem er heute besteht.
Als der Großvater 1960 verstarb, hatte der Vater Alfred Lebler schon übernommen. Zu der Zeit war der Sohn in Graz in Stellung, nachdem er in Judenburg Eisenhandel gelernt hatte. Lebler war inzwischen ein "Technisches Kaufhaus" geworden. Beleuchtungskörper, Installationswaren. Auch Nähmaschinen. Die hatte der Großvater eingeführt. Als Singer-Vertreter. In Zeiten, wo gerade viele Schuster sich Maschinen anschafften. Mit den landwirtschaftlichen Geräten war es vorbei. Es gab da zum Beispiel den Landring.

Im Geschäft hing die Decke voller Lampen. In zwei Ebenen. An einem vom Sohn selbst gebauten Trägersystem. "Die Leute waren ja noch leichter zufrieden." meint Lebler auf die Auswahl bezogen. Doch als der erste Baumarkt kam, änderte sich die Situation in der Stadt gründlich. Das Aus für den Installationsbedarf. Durch die Möbelhäuser war das Geschäft mit den Lampen passé. Auch Graz zog die Kundschaft stärker an.
Während andere Geschäfte schlossen, suchte Lebler nach Marktnischen. Er fragte sich: "Was hat in Gleisdorf niemand?" Und kam auf Keilriemen. Simmerringe. Kugellager. Kleine Teile, wegen derer große Geräte manchmal ausfielen. Etwa die Semmelstraße eines Bäckers. "Oder ich bin im Freibad ausgerufen worden, weil irgendwo auf einem Feld eine Maschine mit gerissenem Keilriemen stehen geblieben ist."
Über Werbung besagte seine Erfahrung damals: "Wir haben schon inseriert, aber die Leute lesen ja nichts. Da sind eher welche geschickt worden und haben sich gewundert: Was? So viele Keilriemen habt’s ihr?" Lebler mußte sein Angebot immer auf knappstem Raum unterbringen. Eine örtliche Expansion stand nicht zur Debatte. Es erstaunt, was auf den eigentlich wenigen Quadratmetern alles möglich gewesen ist. Auf solidem Boden. Lebler weist auf die Lerchenbretter, die von einem Bauern aus den Fischbacher Alpen stammen: "Ist seit 50 Jahren da und noch immer nicht kaputt."

Inzwischen war das Fernsehgeschäft eingebrochen. Das neue Angebot füllte in Großmärkten Hallenwände mit Exoten. Lebler ist da nie hingegangen. Er kennt es nur aus Erzählungen. Und von den Auswirkungen her. "Die Leute wollten dort billig kaufen und bei mir billig reparieren lassen. Wenn ich für ein Gerät keine Teil kriegen konnte, glaubten sie, ich will nicht. Dann war die Kundschaft verärgert." Also hatte Lebler mit TV-Geräten aufgehört. Er fand eine neue Marktlücke. Messer. "Das ist gut gegangen. Am Kirtag", so sagt er, "kauft ja keiner ein Fahrrad. Aber Messer schon." Er ist offenbar kein Mann, der Veränderungen ratlos gegenüber steht.
Das Sortiment wurde durch Elektrokleingeräte ergänzt, für die wesentlich eine Wand im Geschäft ausreichen mußte. Mixer. Bügeleisen. Toaster und Rasierapparate. Lebler erkannte auch: "Alte Leute, die sich im Großmarkt nicht zurecht finden, sind gerne zu uns gekommen. Aber die Jungen, wenn die alt werden, die kennen sich mit einem Großmarkt aus. Die kommen nicht mehr in so ein Geschäft. Wo man nicht erst einen Verkäufer suchen muß. Wo einem die Geräte erklärt werden."

Vater Lebler starb 1986 mit 80 Jahren, "und hat noch bis zum letzten Tag gearbeitet." Lebler hatte sich vorgenommen, bis 70 zu arbeiten. Doch das liefe, von den Kosten und Abgaben her, darauf hinaus, daß er für seine Leidenschaft noch etwas drauflegen müßte. So fand ich ihn in diesem Geschäftslokal, wie er es sorgfältig auf- und ausgeräumt hat, was von dieser langen und bewegten Geschichte geblieben ist. Ein ruhiger, konzentrierter Mensch, der offenbar sehr genau weiß, was ihm wichtig ist.



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