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Über Kindchen, Pferde und Autos
Von Martin Krusche

Ich habe glaubhafte Geschichten über Kinder gehört, deren erstes deutlich ausgesprochenes Wort „Auto“ gewesen sein soll. Damit wird eventuell die verständliche Erwartungshaltung bezüglich eines Spitzereiter wie „Mama“ oder „Papa“ enttäuscht. So eine Episode begründet aber natürlich keine prophetischen Festlegungen des Kindchens auf irgend eine zukünftige Karriere in einschlägigen Branchen.

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Tonka: „Wheel Pals“ (M12+)

Ich denke, es ist genau das und nicht mehr, nämlich eine kindliche Episode. Solche Histörchen illustrieren aber, wie groß der Eindruck sein muß, den solche Maschinen auf kleine Kinder machen können. Oder sagt es mehr darüber aus, welchen Stellenwert wir als Eltern dem Automobil beimessen? Dagegen gefragt: Wäre eventuell in vorindustrieller Zeit auffällig gewesen, daß Kinder von Pferden besonders beeindruckt sind? Als Holzspielzeug sind Pferde ja in vielfältiger Weise erhalten und noch immer präsent.

Es gibt womöglich sozialgeschichtliche Prallelen. Ich vermute außerdem, daß Kinder seit jeher dafür anfällig sind, Standesdünkel und Standeswünsche ihrer Eltern in den Spielzeugen und im Spielen auszudrücken, mindestens zu thematisieren.

Die Pferde und die Autos ... In der agrarischen Welt waren jene Bauern „Die Besseren“, welche ihre Fuhrdienste mit Pferden erledigen konnten. Wer bloß mit Ochsen fuhr, stand im Rang niedriger. Wer neben ein Pferd einen Ochsen spannen mußte, dürfte in heutigen Begriffen als „Mittelklasse“ gegolten haben.

Solche Motive finden sich in der „Automobilisierung“ des Gesellschaft wieder. Wobei erst in den 1920er Jahren der „Selbstfahrer“ gegenüber den Leuten mit „Herrschaftsfahrer“, also mit Chauffeur durchsetzte. Die Massenmotorisierung war ein Phänomen, das sich bei uns erst nach dem Zweiten Weltkrieg durchsetzte. Da könnte man eventuell die drei flüchtig skizzierten „Rang-Stufen“ etwa über folgende Entsprechungen darstellen:

+) Dem Ochsengespann
... entspricht die Klasse der Kleinwagen, durch das „Puch-Schammerl“ repräsentiert.
+) Der Mittelklasse (Ochse und Pferd)
... entsprächen VW Käfer oder Opel Kadett.
+) Dem reinen Pferdegespann
... stünde ein Mercedes-Benz gegenüber, etwa ein 190er.

So findet man unter dem Kinderspielzeug interessante Parallelen. Wobei sehr hoch stilisierte Spielzeugautos, wie sie vor allem sehr kleinen Kindern angeboten werden, meistens rundliche Versionen mit ausgestellten Kotflügeln und markanten „Gesichtchen“ sind.

Das entspricht dem typischen „Vorkriegsdesign“, wie es in unzähligen Motiven erhalten blieb und wie es vor allem im VW Käfer (VW Typ 1) auf völlig anachronistische Art bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhundert in Produktion blieb.

Verblüffender Weise wurde diese Linie im „New Beetle“ erneut aufgegriffen und da an einem realen Automobil noch mehr und markanter in die Richtung Spielzeugform und „Kindchen-Schema“ gezeichnet. Die Behauptung, daß sich Erwachsene so eine Spielzeug-Option ins Erwachsenenleben geholt haben, die aber auch zweckrational funktioniert, läßt sich eigentlich nicht entkräften.

Ich habe als Cover-Motiv für den Auftakt dieser Leiste ein sehr repräsentatives Stück aus meiner Sammlung genommen. Spielzeugriese „Tonka“ hat dieses Stück für Kinder ab einem Jahr in der Reihe „Wheel Pals“ vermarktet. Die Form ist an stilprägenden amerikanischen Coupés der späten 1920er und frühen 30er Jahre orientiert.

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