Seite #133: Karl Kraus in "Die Fackel"

Der Wortgewaltige wie scharfzüngige Karl Kraus war der bedeutende Chronist einer sehr bewegten Ära voller grundlegender Umbrüche. Die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ist auch die Zeit des  breiten Aufkommens der Automobile.

Kraus war kein Freund des Automobilismus. Dabei ist zu bedenken, daß die "Autler" sich ihren Platz auf den Straßen mit Lärm, Gestank und einer bisher dahin noch unbekannt hohen Geschwindigkeit nahmen. Pferdefuhrwerke, elektrische Straßenbahnen, Radfahrer und Fußgänger kollidierten häufig mit den Neuankömmlingen. Die Kraus'sche Einschätzung der Innovation war von solchen Vorfällen geprägt.

Kraus war Herausgeber der „Fackel". Im Heft 1 von 1924 schrieb er im süffisanten Tonfall über ein „Autorennen der Damen" im Wiener Prater. Dabei findet auch ein Puch-Wagen Erwähnung; ganz offensichtlich als selbstverständlicher Teil gehobener Anbieter. Zu der Zeit dominierten noch "Herrenfahrer", waren die "Selbstfahrer" nicht der allgemeine Standard.

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Kraus ätzte: "Die bildhaft schönen Zum-Pläsier-Chauffeusen, die sich ganz fabelhaft darauf verstehen, ihre Autos zu lenken, haben Sonntag ihren großen Tag: Erstes Autorennen der Damen in der Prater-Hauptallee, das gewaltigste weibliche Kilometermessen aller Zeiten, ..."

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Es war eine Zeit, da galt es noch als frivole Sensation, wenn man die Waden der Damen zu sehen bekam. Kraus schrieb: "Neben dem Wagen stehend, hat die Fahrerin das »Los« des Starters zu erwarten; erst dann soll sie, tunlichst mit beiden Beinen gleichzeitig, in den Wagen springen. Anders gesagt: Eine Generalwadenparade wäre es geworden, ein »Schau-Schau Fliegen« von transparenten Jupons."

Ein "Jupon" ist ein eleganter Unterrock, der bis zum Knöchel reicht. Ich vermute, die Bemerkung "flach auf der Kühlerbrust" ist eine Spitze gegenüber den markanten Spitzkühlern, welche einige Zeit Mode waren.

Kraus führte aus: "Kein Zweifel, all die vielfältigen Kühlerspitzen der vierrädrigen Gesellschaft werden sich im Bereiche des Lusthauses Stelldichein geben. Die Steyr-Sport, die Daimlersix, die Nobel-Gräf, die Puch und dann die ungezählten anderen, die, den Frauen von heute nachgeraten, grundsätzlich flach auf der Kühlerbrust zur Welt kommen. Auch die Rolls Royce ist mit dabei; die Milliarde auf Rädern, der »beste und teuerste« Wagen der Welt, das Par excellence-Fahrzeug. Dann der »einfach süße« Amilcar, der schmucke Salmson, die blau-graue Perle, von jeder Frau begehrt."

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