Mythos Puch: Johann Puch, zum Gedächtnis
Ein Handwerker, der den Lauf steirischer Verhältnisse verändert hat

Vor hundert Jahren starb Johann Puch an seiner Rastlosigkeit. Das waren die Aufregungen einer Ära, welche von technischen Neuerungen und sozialen Umwälzungen nicht nur geprägt, sondern bis in alle Fundamente erschüttert wurde.

Der Keuschlerbub aus der Untersteiermark entwickelte sich früh zu einem geschickten Handwerker, was ihm Auswege aus den ärmlichen Verhältnissen seiner Herkunft ermöglichte. Puchs Militärdienst in Graz handelte sehr wahrscheinlich von Begegnungen mit Offizieren, die sich teure und gefährliche Hochräder leisten konnten. Für diese Fahrzeuge mochte er sich nicht erwärmen.

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Das Grab am Grazer Zenralfriedhof

Vor allem aus England, aber auch aus Frankreich kamen technische Neuerungen und Impulse zu uns, die das sogenannte „Niederrad" brachten, welches zu einer Revolution der individuellen Mobilität führte. Die Konzeption dieser Fahrräder („Safeties") ist bis heute Standard.

In solchen Entwicklungen lag dann überdies die kommende Automobilindustrie begründet, wofür Puch selbst ein Beispiel wurde, wie auch Opel oder Peugeot.

Puch erkannte die Zeichen der Zeit, widmete sich diesen Neuerungen und arbeitete mit großer Zähigkeit an seinem Weg in die Selbstständigkeit. Dabei brachte er es zum erfolgreichen Fabrikanten und zu einem der Pioniere österreichischer Mobilitätsgeschichte, welcher sich stets auch dem Rennsport widmete und sich auf wirkungsvolle Reklame verstand.

Diese Ereignisse waren zugleich ein bemerkenswertes Fortschreiben steirischer Technologiegeschichte, die im norischen Eisen der Antike wurzelt, über die Jahrhunderte wuchs und während des 19. Jahrhunderts in Erzherzog Johann einen bedeutenden Förderer hatte. Altmeister Puch führte dieses Geschehen in das radikale 20. Jahrhundert herauf.

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Wo Puchwerk steht, geht es zu Magna Steyr

Puchs Name hat bis in die Gegenwart einen derart guten Klang, daß selbst am derzeit neu gestalteten Autobahnzubringer Graz-Liebenau mehrere Wegweiser das Puchwerk nennen, wo Fahrbahnen zu Magna Steyr, dem Nachfolgekonzern der Steyr-Daimler-Puch AG, abzweigen.

Was für ein Leben! Was für eine Geschichte jemandes, den man vermutlich treffend als sehr stur bezeichnen darf. Das war kein „amerikanischer Traum", der vom Tellerwäscher zum Millionär führte, sondern eine ungewöhnliche Biographie auf dem Weg zu einer erst Jahrzehnte später stattfindenden Volksmotorisierung, deren Annehmlichkeiten wir gegenwärtig genießen.

Auf diesem Weg hatte sich der Altmeister selten geschont, oft bis zur tiefen Erschöpfung verausgabt, weshalb sein Leib einer Herzattacke nicht mehr gewachsen war, als er eben begonnen hatte, sich mit Flugzeugen näher zu befassen. So starb Johann Puch am 19. Juli 1914, kurz bevor der Große Krieg ausbrach und die Welt veränderte.

Von der Geburt an, am 27. Juni 1862, hatte dieses Leben also nur 52 Jahre gewährt. Nach Anfängen in der Grazer Strauchergasse und mehreren Stationen in kleiner Dimension ließ Puch sein Werk dort bauen, wo derzeit das Museum eingerichtet ist.

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Die älteste noch erhatene Werkstattausrüstung des Johann Puch,
heute im Museum zu sehen

Vom Puch-Museum, das heute in der letzten authentischen Halle des Einser-Werkes besteht, ist es per Auto nur wenige Minuten zum Grazer Zentralfriedhof. Da erinnert ein vergleichsweise bescheidenes Grab an den Industriellen, dessen Namen aus unserem Alltag bis heute nicht verschwunden ist.


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