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Andy Reisinger, Tätowierer
Von Martin Krusche

Das erstes Tattoo auf seiner eigenen Haut war ein Adler, wie er ihn im Film „Ein Offizier und Gentleman“ gesehen hatte, von der amerikanischen Szene-Größe Mario Barth gestochen. Heute macht er es selbst.

„Die Älteren, so ab 60, sind meistens flexibler und neugieriger“, sagt Reisinger, gemeinsam mit Ehefrau Yvon Betreiber des Gleisdorfer Studios "Mystery Touch Tattoo". Jugendliche sind sowieso interessiert. Vom „Mittelalter“ bekomme man am öftesten skeptische oder abschätzige Blicke. Tätowierungen sind freilich längst nicht mehr bloß ein subkulturelles Phänomen und aus der Schmuddelecke sowieso schon lange heraußen.

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Körperschmuck, Provokation, Freundschaftszeichen, Erinnerungsmotiv, die Tattoos haben sehr verschiedene Funktionen. Man findet sie in allen sozialen Schichten und Berufsgruppen, sagt Reisinger. „Auch bei Ärzten oder Polizisten.“ Da würde man sie bloß nicht immer zu Gesicht bekommen. Körperstellen, die sich mit Kleidung bedecken lassen, werden natürlich von jenen Menschen bevorzugt, die im Alltag Ressentiments oder Schwierigkeiten befürchten müßten.

Reisinger hat 1995 zu piercen begonnen, also Haut zu durchstechen, um Metallschmuck anzubringen. „Das kommt aus der Punk-Szene“, sagte er. Das Tätowieren ist ungleich älter und Teil einer großen Kulturgeschichte. Seit 98 tätowiert er selbst. Man nimmt übrigens an, daß der Begriff aus Tahiti kommt und sich vom Wort „tatau“ herleitet. Reisinger: „Ich muß viel über die Haut wissen. Wie tief kann ich reingehen? Wie oft kann ich drübergehen?“ Anatomiekenntnisse sind ebenso gefordert: „Wie verlaufen die Muskeln und wie bewegen sie sich?“ Denn die gestochenen Bildwelten sind stets in Bewegung.

Darum gelten auch reale Gesichter als „Königsklasse“ des Tätowierens. „Portraits, damit sie realistisch kommen, das macht nur die Créme. Wenn du einen Schatten falsch setzt, wird’s schon ein anderes Gesicht.“ Hals und Unterarme gelten als spezielle Zonen, weil sie so exponiert sind. „Vor diesen Stellen haben manche zu wenig Respekt“, sagt Reisinger, womit er meint, es habe für ein Leben Konsequenzen, wenn man sich in diesen Bereichen tätowieren läßt. „Wir beraten da vor allem Jugendliche, die darüber vielleicht noch zu wenig nachgedacht haben.“

Manchmal gehen Eltern als „Aufpasser“ mit. Reisinger erzählt lächelnd: „Und die kommen dann später wieder, lassen sich selbst auch was machen.“ Es kann sich zu einer Leidenschaft auswachsen, die mehr und mehr verlangt. „Man setzt die Grenzen immer weiter. Bis zum Ellbogen, bis zur Uhr, dann der Hals ...“ Denn die eigene Wahrnehmung dafür verändert sich.

„Du siehst es die erste Zeit, wenn du in den Spiegel schaust, aber später nicht mehr. Mit den Jahren kommt es dir viel kleiner vor. Man findet wieder interessante Motive ...“ Das sei auch ein Vorteil, wenn man sich selbst neu unter die Nadel begibt, denn: „Dann spür ich wieder, wie es ist. Weil ich kann sanft oder grob arbeiten.“ Handwerk, ästhetische Erfahrungen und Konzentration zählen dabei. Österreichs Szene hat übrigens international einen sehr guten Ruf.

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