martin krusches [flame] backroads
Qoros 3 Sedan


Das Automobil ist unser Generalfetisch, zugleich ein sozialer und kultureller Projektionsraum von ungeheurer Reichweite. Laut Richard Sennett hat diese Fahrzeugart außerdem über die Volksmotorisierung für eine weitreichende Auflösung des öffentlichen Raums gesorgt, was enorme politische Konsequenzen zeigt.

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Was verrät uns heute das Design eines Autos? Meist nur wenig, denn die rundgelutschten Dinger sind rund um die Welt präsent und werden annähernd überall gebaut. Hier fiel mir jene gediegene Art des fast Nichtssagenden auf. Diese Karre sagt eigentlich nur: Mich fährt ein grundsolider Mensch, bei dem alles wohlgeordnet ist, mehr will ich nicht verraten.

Das hat seine Schlüssigkeit, wenn man beachtet, daß wir mit Autos den öffentlichen Raum perforieren, ihn mit Privaträumen durchlöchern. Dabei wäre eine schrille Selbstdarstellung Unfug, denn die Privatperson möchte ja... genau! Privat bleiben. Freilich konnte ich diese Linienführung auf Anhieb nicht zuordnen.

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Allerdings fallen mir ungewohnte Logos sofort auf. Also: Qoros. Wie kommt ein Chinese in die Oststeiermark? Das Design stammt von Gert Volker Hildebrand (Deutschland), mehr braucht dazu nicht gesagt werden. Die schmalen Äuglein und die fette Oberlippe sagen: Ich bin nicht schön und auch nicht häßlich, ich achte auf meine Klamotten.

Die Karosserie stammt von Magna Steyr. Daher also dieser Wagen in meiner Gasse. Der unspektakuläre Bürgerkäfig ist seit 2013 auf dem Markt. Der 1,6 Liter Benziner bewegt rund eineinhalb Tonnen. Es heißt, bei AVL List werde an einem passenden Diesel- Aggregat für diesen Sedan gearbeitet. Ein weiterer Steiermark-Bezug.

Ich finde also die Hintergrundgeschichten interessanter als das Auto selbst. Nebenbei ganz bemerkenswert, welche Rolle die Stadt, in der Johann Puch bedeutend wurde, Graz, im Automobilbau immer noch spielt.

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Was ich weiters kurios finde, der chinesische Produzent Qoros Auto Co. Ltd. entstand 2007 aus einem Joint Venture, das ursprünglich Chery Quantum Automotive Corp. hieß, wozu sich Chery Automobile (China) und die Israel Corporation zusammengefunden hatten.

Vermutlich sind mit Israel, China, Deutschland und Österreich noch gar nicht alle Länder genannt, aus denen dieses Auto seine Komponenten erhält. Ein kleiner Hinweis darauf, daß Automobilproduktion schon weit hinter diesen uns vertrauten Kategorien liegt, wo viele Fahrzeuge an ihrem Design erkannt, einem Land zugeordnet und mit einer konkreten Unternehmerpersönlichkeit assoziiert werden konnten.

All das bedeutet auch, wir haben innerhalb unserer Biografien eine ganze Menge nationaler Bezugspunkte verloren, was eine Raumorientierung in Kategorien des historischen Nationalstaates aussichtslos macht.

Das wußten freilich schon die frühen Arbeiterbewegungen, denen man vorwarf, "vaterlandslose Gesellen" zu organisieren. Wie merkwürdig, daß unsere Gesellschaft nach weit mehr als hundert Jahren der Befassung mit diesem Thema immer noch so sehr an der Ideologie des Vaterländischen festhält und dabei den realen Zustand der Welt ignoriert.

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