martin krusches [flame] logbuch / blatt #108


Arbeitssklaven

Hab Sie sich schon einmal gefragt, warum es in der Antike noch keine Industrielle Revolution gegeben hat? Viele der mechanischen Grundlagen wären ja schon vorhanden gewesen. Eine mögliche Antwort lautet: Es war nicht nötig, denn eine gut situierte Minorität konnte sich auf ein nicht endenwollendes Sklavenheer stützen. Ich hab das Thema in meinem Beitrag "Maschinerie" zu unserem heurigen Kunstsymposion angeschnitten: [link]

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Puch-Brücke / Puhov Most in Ptuj (Slowenien)

Das bringt mich zum Grazer Puchsteg, von dem man vermuten könnte, er sei eine kleine Referenz an Altmeister Johann Puch; so wie man ihm etwa in Ptuj eine ganze Brücke gewidmet hat: [link] Eine bescheidene Erinnerung an den außergewöhnlichen Unternehmer, der die Phase des Überganges von der Ersten zur Zweiten Industriellen Revolution exemplarisch verkörpert.

Aber so ist es nicht. Dazu kommt das moderate Datum, über das ich staunen muß. Da der Zweite Weltkrieg 1945 endete, ist diese Beschriftung eine merkwürdige Art der Täuschung. Der Steg wurde nach anderen Quellen 1942 errichtet, um den Arbeitssklaven im nahen Lager den Weg zur Arbeit zu verkürzen.

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Kubinzky und Wentner nennen in ihrem Standardwerk "Grazer Straßennamen" (1996) ebenfalls das Jahr 1942, was den Steg als ein Schandmal offenbart. Die Autoren bleiben zurückhaltend: "In dieser Zeit gab es im Süden der Stadt große Lager für Fremdarbeiter und Umsiedler."

Das ist nicht ganz falsch und nicht ganz richtig. Ich staune heute noch über den Euphemismus Fremdarbeiter. Sowas muß einem erst einmal einfallen. Die Nazi haben Menschen systematisch beraubt und auch versklavt. Besonders perfide ist dabei das Detail, sich einerseits anzumaßen, daß es manche Menschengruppen nicht geben dürfe, sie daher ausgelöscht werden sollen, diese Menschen aber andrerseits noch für Arbeitsleistungen zu nutzen.

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Das bedeutet also, dieser Steg wurde nicht erst 1949 erbaut, sondern noch zu Kriegszeiten. Er hatte den Zweck, das Stammwerk von Johann Puch auf der anderen Murseite für die Arbeitssklaven leicht erreichbar zu machen.

Umgekehrt bot er eine Wegverkürzung zum damals neuen Zweier-Werk, dem in Thondorf, das ja als Rüstungsbetrieb gebaut worden war. Das ist jenes allgemein bekannte Puchwerk, dessen 75 Jahr-Jubiläum heuer gefeiert wird.

Es wäre völlig müßig diese ursprünglichen Zwecke bemänteln zu wollen. Erstens ist völlig klar und unübersehbar, daß zu jener Zeit alle Industriebetriebe des "Reiches" der Rüstung verpflichtet waren, den Fortgang des Krieges befeuern mußten. Zweitens ist völlig klar und evident, daß die Nazi dafür Arbeitssklaven einsetzen, wo immer es ging.

Das gesamte Regime, an dem heute noch manche Menschen etwas Lobenswertes zu finden meinen, war nicht in der Lage, seine verheerenden Erfolge aus eigener Kraft zu erwirtschaften. Diese Art der Effizienz beruhte auf Raub, Mord und Sklavenarbeit.

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Solchen Zusammenhängen ist eine Publikation gewidmet, mit der man sich über die Details dieses Abschnittes informieren kann: Barbara Stelzl-Marx, "Das Lager Graz-Liebenau in der NS-Zeit" [link] (Eine derart unmißverständliche Darlegung der Faktenlage würde verlangen, die Beschriftung des Steges ein wenig zu adaptieren.)

Im Sozialmedizinischen Zentrum Liebenau [link] widmet man sich diesen Zusammenhängen konsequent. Bei Magna Steyr ist das auch ein Thema; siehe: [link] Im Austria Forum wurde das ebenfalls skizziert: [link]

Wie angedeutet, da besteht ausreichende Evidenz, das ist auch im öffentlichen Diskurs schon lange angekommen. Jede Bemäntelung, jedes Herunterspielen wäre eine Zumutung. Wenn wir Jubiläen feiern, wie es nun dem Werk Thondorf zukommt, dann dürfen dabei die gewesenen Kosten nicht unterschlagen werden.

1957 bis 2017
60 Jahre Steyr-Puch 500
[link]

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