martin krusches [flame] logbuch / blatt #72
Die Krainer-Kraxen
1898 war von einem robusten Steirer und seiner Fahrmaschine zu erzählen
Der Peter Krainer spricht ein unverfälschtes
Steirisch, dass ausser seinen engsten Landsleuten kein Mensch auf der Welt versteht,
nährt sich hauptsächlich von Speckknödeln" und stammt aus einem St. Peter in
der Steiermark, das etwa 200 Kilometer von Graz entfernt sei. Das wäre eventuell Sankt
Peter in der Au, leider schon außerhalb der Steiermark. Sankt Peter am Kammersberg, nahe
Murau, bringt es bloß auf etwa 130 Kilometer, hätte aber die passende alpine Umgebung.
Der kleine Bericht in der Österreichischen Tourenzeitung von 1898 zeigt uns ein Foto des
rustikalen Peter Krainer auf seiner Kraxen", die er sich fabricirt"
hatte, weil der Kauf eines Fahrrades außerhalb seiner Möglichkeiten lag. Etwa zwei
Stunden habe er sein Werk auf dem Rücken" von der Alm in sein Dorf schleppen
müssen. Dann machte er sich auf den Weg in die Landeshauptstadt.
Der Peter freute sich, seine Kraxen auf einer Straße
probiren" zu können. Nach einem Start um drei Uhr früh soll er eine erste
Tagesetappe von rund 100 Kilometern geschafft haben, was ich mir freilich nicht vorstellen
kann. In Graz soll ihm das Katzenkopfpflaster zu strapaziös geworden sein, weshalb er auf
das Trottoir wechselte.
Ein Polizist, der ihn deshalb zur Rede gestellt hat, erfuhr: Wos geiht denn das
die o. I fahr wo i mog. Weicha eh alle Leit aus."
Damit darf der gute Peter Krainer wohl als Vordenker heutigen Fahrverhaltens gelten, das
sich die späteren Neuankömmlinge auf unsere Straßen, die Autler", ebenso
aneigneten. Es ist also seit über hundert Jahren ein dominantes Motiv.
Die Legende besagt, der schlaue Bursche habe sein Hölzernes Rad gratis gegen ein
eisernes" umtauschen können. Das gelang ihm bei den Styria-Fahrradwerken, wo
Ingenieur Rumpf die köstliche Photographie des Burschen machte".
Bedenkt man, welch hochpreisiger Wertgegensand ein Fahrrad damals war, könnte das etwas
geschwindelt sein. Aber es zeigt uns auf alle Fälle, daß sich die Leute damals schon
vorzüglich auf eingängige Öffentlichkeitsarbeit verstanden.
[Fahrradgeschichte]
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