martin krusches [flame] logbuch / blatt #64


Spurtreue
Folge #2

Wir haben als Buben unsere Fahrräder akustisch motorisiert. Ein Stück Karton, wahlweise ein flexibles Kunststoffstück, wurde mit einer Wäscheklammer so am Rahmen befestigt, daß es in die Speichen stand. Dabei entstand unterm Fahren ein schnurrendes Geräusch.

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1)  Motorgeräusch-Simulation am Fahrrad

Mopeds und Motorräder von Puch schienen allgegenwärtig. Gelegentlich eine große BMW, selten eine Matchless oder Harley Davidson. All das beflügelte unsere Begehrlichkeiten. Wie anfangs schon erwähnt, ich komme aus dem Gemeindebau. Da besaß niemand ein exquisites Fahrzeug.

Motorräder standen in Preis und laufenden Kosten schon zu nahe an Automobilen. Unter den Autos waren ein Ford Carpri und ein Volvo "Schneewittchensarg" definitiv das Heißeste auf dem Hof. Atemberaubenderes gab es nicht.

Mopeds waren dagegen nötig, unverzichtbar, selbstverständliche Requisiten meiner Bubenwelt. Individuelle Mobilität ohne ausuferndes Strampeln. Das ist definitiv eine Art sozialer Revolution gewesen. Faktisch konnte man mit einem "Fuchzgerl" sogar die Welt umrunden. ("Fuchzgerl" war einer unserer Slang-Begriffe für 50 ccm-Mopperln. Das Wort Mopperl konnte -- wie Moppettn -- auch für ausgewachsene Motorräder stehen.)

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2) Steyr Waffenrad mit Rex Hilfsmotor

In Deutschland beklagte man ab 1951 einen zunehmenden Absatzschwund bei Markenfahrrädern. Hatten unsere Nachbarn 1949 noch rund 1,5 Millionen Fahrräder hergestellt, so war 1953 die Fahrradproduktion auf "weit unter eine Million" gesunken.

Ich beziehe mich hier noch stark auf Deutschland, weil dort der neue Fahrzeugtyp ab 1952 schon sehr verbreitet war, als man bei Puch in Graz gerade an der Konstruktion eines adäquaten Fahrzeuges arbeitete.

Im Magazin "Der Spiegel" hieß es 1954: "Nur die Umstellung auf den Bau von Moped-Fahrzeugen bzw. Mopedrahmen rettete vielen Fahrradfabriken im vergangenen Winter die Vollbeschäftigung."

Zu der Zeit gingen 40 Prozent der Produktion in den Export, speziell nach Skandinavien, Ostasien und Südamerika. Und woher wußte man in den Redaktionen damals, daß dieser junge Fahrzeugtyp "Moped" heißt? Das hat sich in den Jahren 1952/53 herauskristallisiert und durchgesetzt. Davon erzähle ich noch.

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3) HMW mit Fuchs Hilfsmotor

Es war die Zeit, in welcher Fabrikant Ernst Heinkel mit der Bemerkung zitiert wurde, daß "die Menschheit immer fauler wird und keiner mehr trampeln will".

Das sagte jemand, der sich gewiß von einem Chauffeur in einer dicken Limousine durch die Gegend schaukeln ließ und dessen gute Geschäfte als Flugzeugbauer für das verbrecherische Nazi-Regime zu jener Zeit gerade in den Schubladen der Geschichte gelandet waren.

Kurz und bündig läßt sich feststellen, das Moped entstand in einigen Konstruktionsvarianten als eine Weiterentwicklung auf dem Fahrradsektor, da mit Hilfsmotoren bestückte Fahrräder in ihrer Belastbarkeit an Limits standen.

Selbst ein recht robust wirkendes Werkel wie das österreichische HMW mit Fuchs-Motor (Foto #3) setzte den Wünschen und Optionen zu enge Grenzen. Es brauchte eine grundsätzlich neue Konzeption. Ein Wafffenrad mit vorne aufgesetztem Rex-Motor (Foto #2) sieht zwar spektakulär aus, stand Anfang der 1950er aber schnell auf der Liste der bedrohten Arten.

Im Wunsch nach einem erschwinglichen motorisierten Zweirad, für das man keinen Führerschein brauchte und keine Steuern zahlen mußte, war also zwischen motorisiertem Fahrrad und Motorrad noch Platz für eine Novität.

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4) Ducati Cucciolo

Roller (Scooter) haben eine etwas andere Vorgeschichte, auf die ich auch noch eingehen werde. (Piaggos Vespa ist ja schon seit den späten 1940er-Jahren auf dem Markt.) Beide Genres, Moped wie Roller, sind natürlich mit stabilen Wurzeln im frühen 20. Jahrhundert versehen. Sobald mobile Kraftquellen verfügbar waren, versuchten findige Handwerker, sie auch für Zweiräder zu nutzen.

Zur Anschauung der unmittelbaren Vorläufer des Mopeds habe ich hier auch noch eine Ducati Cucciolo (Foto #4) eingestellt. Das entsprach etwa der österreichischen Puch Styriette und hat das Wesen des Mopeds schon ersichtlich werden lassen: 50 ccm, 1 PS, 29 Kg Gewicht (Baujahr 1949). Cucciolo ist das italienische Wort für Hündchen, Welpe. (HMW und Ducati stammen aus der Sammlung von Bernhard Lagler.)

+) Wird fortgesetzt!

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