martin krusches [flame] logbuch / blatt #55


Im Aufarbeiten voriger Schritte und im Vorbereiten nächster Schritte hat sich nun gezeigt, daß der "Internationale Museumstag" heuer für unsere Arbeit sehr förderlich war, weil wir für die Session im Johann Puch-Museum Graz allerhand zusammengefaßt haben, worin sich die Geschichte des Transportwesens schon sehr deutlich abzeichnet.

Der Überblick: [link]

Nun werde ich natürlich mit dem Dottore [link] weiter an den Themen arbeiten. Und ich habe mittlerweile andere Sachkundige gesprochen, die in Teilen des großen Themas sehr versiert sind. Siehe: "Offene Querverbindungen" [link]

Das berührt die Fahrrad- und Automobilgeschichte. Die Leite sind alle handwerklich fundiert. Doch ich hatte in den letzten Wochen ein Poststück aus den Augen verloren, in dem noch wesentlich grundlegender an die Stoffe herangegangen wird. Karl Haar hat ein starkes Faible für Vorkriegsfahrzeuge. Eine spezielle Ära.

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Bis zum Zweiten Weltkrieg war es ja sehr exklusiv, ein Automobil zu besitzen. In unseren Breiten läßt sich eine Serienfertigung etwa ab 1910 darstellen. Allerhand Grundlagen waren aus dem Fahrradbau gekommen.

Zwischen 1910 und 1950 ist dann ein ziemlich unfaßbares Kräftespiel der Entwicklungen und Verfeinerungen aller Komponenten und des Autos gesamt entbrannt. Von Haar erhielt ich zum "Internationalen Museumstag" eine bemerkenswerte Nachricht:

Hallo Martin,
danke für deine Einladung. Ich konnte leider nicht kommen, weil ich meinem Adler wieder Flügel verliehen Habe. Insgesamt hat die Reparatur gedauert.

Motorblock schweißen, Zylinder bohren, Zylinder honen, Ventilschäfte neu anfertigen, Ventile neu gefertigt, Löcher für Ventilkeile drahterodiert, gehärtete Ventilkeile neu gefertigt, neue Dichtungen, alte Kolben aber neue Ringe etc.

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Am Ende gab es beim Zusammenbau nochmals ein Problem, weil nach dem ersten Testlauf am Motor ein Riss auftrat und Wasser ausgeronnen ist.

Dann - Riss an beiden Ende angebohrt und die Schadstelle verklebt. Schaffe schon locker unseren Berg.

Der Adler fliegt wieder :-)

lg
Charly

Haar lehrt solche Fertigkeiten auch (an der HTBLA in Weiz.) Er gibt also Kompetenzen weiter, wie sie inzwischen an vielen Ecken und Enden dieser Gesellschaft verloren gehen, weil wir viel davon an die EDV übergeben haben, weil anderes nicht mehr zur Anwendung kommt, wo billige Wegwerfkomponenten die Reparatur hinfällig machen.

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Die nötige Handfertigkeit, gepaart mit dem Verständnis mechanischer Prinzipien und Zusammenhänge, übertragen auf die knifflige Situation, wie sie etwa im Restaurieren alter Maschinen vorliegt, ergeben in Summe eine äußerst vielschichtige Anforderung an die Fähigkeiten der Leute. Wie sich so eine Arbeit im Detail abspielt, kann man beispielsweise hier in einer Onlinedokumentation sehen: [link]

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Es ist all das ja nicht bloß ein Schrauben an den Dingen, es ist auch eine Denkschule, deren Lektionen sich unter anderem über leibliche Erfahrung abspielen. Das sind Zusammenhänge, deren Konsequenzen ich auch bei anderen Liebhabern einer regionalen Schrauber- und Sammlerszene finde.

Erstens fesselt mich, was an diesen Leuten erlebbar wird, weil sich aus diesen Zugängen auch eine sehr interessante Intellektualität ergibt, ein Spektrum des Denkvermögens, das sich merklich aus anderen Quellen bezieht als bloß theoretischer Betrachtung.

Und zweitens ist das der lebhafte Teil eines Erhaltes wesentlicher Kompetenzen in unserem Lebensraum, ein Beitrag zu dem, was wir in unseren Erörterungen mit Kulturwissenschafter Günther Marchner "Wissen schafft Region" nennen.

[In Bewegung]

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