dorf 4.0 / ich bin eine geschichte / feature #2
Geschichten: Gottfried
Eicher, Rutengeher, Ludersdorf
Gottfried Eicher, lediges Kind, sagt über die
Vergangenheit: Die Frau war dem Mann gegenüber oft wehrlos. Auch zu den Tieren
ist man sehr brutal gewesen. Als Kind im Armenhaus hat er Mißhandlungen
erlitten. Andere hätten weggeschaut. Warum haben die Nachbarn nichts gewußt?
Weil sie die gleichen Schweine waren. Ich sage nur die Wahrheit. Das kannst du ruhig
schreiben. Das kann jeder nachprüfen. Warum hat ihn ein Bauer aus dem
Armenhaus geholt? Der hat selber keine Kinder gehabt und eine billige
Arbeitskraft gebraucht. Als er dann doch Frau und Kind hatte, wurde Eicher in
die Scheune ausquartiert. Weihnachten 1956 hat er gut in Erinnerung. Ich hab
müssen Birkenbesen binden. Und es war ihm so kalt, ich hab die
nackten Füße in die warme Kuhscheiße gesteckt, damit sie mir nicht erfrieren. Die
Tage davor hatte er drei Eier gestohlen und versteckt. Dazu etwas Hafer- und
Gerstenschrot. Wenns die Schweine fressen, werd ichs auch vertragen.
Das ganze mit Milch verrührt, sein Weihnachtsessen.
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