Nils Jensen (Wien / Austria)
Von: Nils
Jensen jensen@buchkultur.net
An: Martin Krusche der.krusche@kultur.at
Betreff: nils the haxn und seine schweizermacher
Datum: Samstag, 05. April 2003 23:21
Dies, lieber Martin, sind
meine geheimen Schweizer Bezüge, für die ich nix kann: Was kann man schon für seine
Altvorderen, vor allem, wenn sie wenig Mist gebaut (historisch-politisch).
Ausgang nimmt die Geschichte
(für mich) bei Heinrich Zschokke. Geboren in Magdeburg 1771, gestorben in Aarau 1848.
Schriftsteller, Erzieher, Beamter der Helvetischen Republik, Mitglied des Großen Rates
und Tagsatzungsgesandter des Kantons Aargau. Bekannt wurde er damals mit "Abällino,
der große Bandit" (1793; dramatisiert 1795). Kontakte zu vielen Autoren und anderen
gescheiten Menschen, etwa Heinrich von Kleist. |
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In Zschokkes Haus in der
Blumenhalde bei Aarau (heute ein Museum über H.Z.) hängt u.a. ein einfacher Kupferstich,
darstellend eine Brunnenszene, zerbrochenes Häferl etc. Kleists "Zerbrochener
Krug" rührt aus dieser Zeit mit Zschokke, den er damals mehrfach besuchte.
Eigentlich hatte Kleist ja was Tragisches im Sinne gehabt, aber der ältere Zschocke
konnte ihn bewegen, seinem Stück einen etwas anderen Anstrich zu geben, weshalb wir jetzt
in der Schule mit einem sogenannten "Lustspiel" gequält werden. (Titel des
Bildes "La cruche casée"; nachzulesen etwa in Literaturbrockhaus in 8 Bänden,
Bd. 4, S. 413; Mannheim 1995). Zschokkes gesammelte Werke kannst Du Dir einmal bei mir
anschauen, da ist auch eine nette Novelle drinnen, die beinahe die Inhaltsangabe des
zebrochenen Kruges ist: Zschokkes Arbeit anläßlich jenes Dichterwettstreits damals um
1809.
Zschokke war nicht nur als Autor und
Abgeordneter fruchtbar: seine Frau, die Nanny Nüsperli, gebar ihm, soweit ich
unterrichtet bin, sechzehn (16) Kinder, von denen 11 die ersten Jahre überstanden (und
ebenfalls reichlich Nachkommenschaft zeugten; die sog. "Zschokke-Treffen" in der
Schweiz gleichen dem Auftrieb von Hundertschaften. Und alle miteinander verwandt.
Aus allen Himmelsrichtungen und
Erdteilen). Zehn der Kinder sind Söhne gewesen, zuletzt kam noch eine Tochter. Und der
darob höchst erfreute, um nicht zu sagen überglückliche Heinrich suchte für sie den
Namen Coelestine aus, die Himmlische. Somit blieb der Name bei uns picken, meine geliebte
Schwester führt ihn auch im Zweitnamen. War zu ihrer meiner Schwester Volksschulzeit
nicht gerade hip S Diese Coelestine heiratete, als es so weit wurde, einen Herrn
Sauerländer, seines Zeichens Verleger (etwa Gutzkow, auch die erste JF Cooper-Ausgabe
erschien in seinem Verlag).
Die hatten zwei Söhne,
einer machte im Verlag weiter, der andere ging nach England, lernte was Anständiges,
kehrte zurück und baute (ließ bauen) eine Papierfabrik. In Weißenbach / St.Gallen,
Stmk., im Krätzel Liezen-Admont-Kleinreifling. Ein guter Freund von ihm wurde ein
gewisser Herr Böhler, ebenfalls Fabrikant (Böhler-Werke). So kam es dazu (privates
Einsprengsel, nicht für die Veröffentlichung gedacht), daß die Frau Anni Böhler die
Taufpatin meiner Mutter wurde. Der Papier-Sauerländer ist also mein Urgroßvater. Und
Heinrich Zschokke mein Urururgroßvater. Ganz einfach zu merken. Näheres beim Bier oder jensen@buchkultur.net
Du weißt schon. Und ich laboriere noch
an der Rekonvaleszenz meines Haxns, genauer: an der doch ziemlich plagvollen
Bewegungstherapie. Aber ich will ja schließlich baldigst wieder Tango tanzen und die
Weiberleut beglücken können.
Umarmung, Dein
n. the haxn
(gelockerte Strenge!) |
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