Das jugoslawische LabyrinthLiteratursymposion 1995Oktober 1995 Von
Marusa Krese |
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Textauszug! |
Sagen wir, ich kehre schon zum zwanzigstenmal aus Sarajevo nach Berlin zurück ... meine Besuche in der besetzten Stadt zähle ich schon nicht mehr ... so etwa seit dem 13. Mal ... manchmal nehme ich den Flieger ... manchmal geht's über den Berg Igman ... wenn ich auf dem Luftweg heimkehre, werde ich zu schnell mit meinem schizophrenen Leben in den letzten 3 Jahren konfrontiert, und wenn ich in einem Panzerfahrzeug über den Igman fahre, an zerstörten Dörfern vorbei, nach Mostar, muß ich mir wohl oder übel eingestehen, daß es Bosnien praktisch nicht mehr gibt ... ich weiß wirklich nicht, welcher Weg der schwerere ist ... Ich sitze neben Braco, dem Lenker des Panzerfahrzeugs, sehe hügelab umgekippte Lkws, ausgebrannte Fahrzeuge, und Leute, die bergauf rennen, UN-Soldaten, die mit einemmal entschlossen sind, etwas in diesem Lande zu verteidigen ... ich bewundere Braco, der auf dem schmalen, kotigen Bergweg fährt und virtuos den Lastwagen ausweicht, die in den letzten Wochen in Scharen in die belagerte Stadt fahren ... ich kann noch immer nicht glauben, daß all das wirklich passiert, ich hoffe noch immer, in jener Zeit zu leben, als man uns in der Schule zwang, uns einen von Tausenden Filmen aus den "heldenhaften" Zeiten anzusehen. Doch leider ist dies nicht die Zeit der heldenhaften Filme, die stehen uns noch bevor ... Braco flucht ... Vor uns ist ein Lastwagen samt Anhänger, der Brennholz nach Sarajevo bringt, umgekippt... Brennholz für Sarajevo ... der 4. Winter steht bevor ... selbst der Sommer hat heuer versagt ... schon seit 6 Monaten gibt es weder Gas, Strom oder Wasser ... doch seit Beginn der NATO-Angriffe bekommt man Bananen, Orangen, eigentlich alles, nur kein Geld ... Na ja, einige haben schon welches. In den deutschen Zeitungen lese ich von der Euphorie in Sarajevo, in Sarajevo selbst winken die Leute nur ab ... zum Großteil sind sie überzeugt, daß die Aufteilung Bosniens endgültig ist ... eigentlich schon seit langem ... |
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