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"Netzliteratur. Versuch einer
Dekonstruktion
Diplomarbeit von Josef G.Pichler8.
Online-Ulysses versus Impulsnetzwerk
Bevor nun im letzten Abschnitt der Blick auf konkrete Web-Projekte gerichtet wird, muss
die Schwierigkeit angesprochen werden, Bewertungskriterien festlegen zu können. Die
Unterscheidung anhand formaler Kriterien nach Simanovski (vgl. oben, Kapitel 7)
beantwortet nicht die Frage, was Netzliteratur sein könnte, weil alle von ihm genannten
Eigenschaften auch beliebigen nichtliterarischen Internet-Projekten zugeschrieben werden
können. Im Hintergrund erscheint hier die noch brisantere Frage, was den Literatur
überhaupt sei, was literarische Texte von beliebigen anderen Texten unterscheidet. Diese
Frage kann natürlich nicht verbindlich beantwortet werden, weil Literatur bzw. der
Begriff davon wie alle sozialen und kulturellen Phänomene einen stetigen Wandel erfährt.
Man kann zu dieser Frage lediglich (vorläufige) Position in einem Diskurs beziehen, der
fortlaufend zu führen ist.
Textimmanente Kriterien, darüber herrscht wie ich glaube breiter Konsens, können nicht
für eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Text und literarischem Text herangezogen
werden. Das jeweils verwendete (Sprach-) Material ist identisch. Eine bestimmte Art der
Sprachverwendung - Metrik und Vers, Akt, Haupthandlung und Episode etc., also eine
Unterscheidung durch Zugehörigkeit eines Textes zu einer literarischen Gattung, ist auf
Grund der Aufweichung von Gattungsgrenzen und dem Einfließen von Elementen aus der
Alltagssprache in die Literatur obsolet geworden. Die Sprache der Werbung beispielsweise
verwendet Elemente der Lyrik, und Peter Handkes Aufstellung einer Fußballmannschaft in
einem Gedichtband ist Legende.
Gerade Handkes Beispiel weist aber in eine bestimmte Richtung, dass nämlich der Kontext
und die Intention der Autorin noch am besten dafür herangezogen werden können, um
zwischen Text und Literatur differenzieren zu können. Zu Kontext und Intention kommt ein
weiterer Faktor hinzu, der es ermöglicht, Literatur von anderen Kunstformen abzugrenzen.
Durch das verwendete Material - die Sprache - sollte man von Literatur verlangen können,
dass sie in erster Linie als Sprache in Erscheinung tritt, also als Textkunst, wobei das
Medium durchaus unterschiedlich sein kann: gesprochene Sprache, gedruckter Text,
digitalisierter Text auf lokalem Datenspeicher oder im World Wide Web. Ein
Auseinanderhalten von Kunstform und Medium ist notwendig. Das Medium der Literatur ist
Sprache, und eben nicht Bild oder Film. Es wäre meiner Ansicht nach ein unzulässiger
Kurzschluss, auf Grund des Umstandes der multimedialen Möglichkeiten des World Wide Web,
Multimedialität von Literatur unbedingt zu fordern, nur weil sie sich dieses Mediums
bedient.
Auch andere Kunstformen können sich des Webs als Medium bedienen. So ist zum Beispiel die
dreidimensionale Darstellung einer Skulptur technisch realisierbar, dennoch kann klar
differenziert werden: wenn der Darstellung eine reale Skulptur zu Grunde liegt, ist hier
die Bildhauerei, und dort das Medium, das es ermöglicht, das Ergebnis der Arbeit der
Künstlerin auf jedem PC (mit Internet-Anschluss) sichtbar zu machen. Niemand würde eine
multimediale Netz-Bildhauerei einfordern, oder gar das Ende der Skulptur
ausrufen, nur weil es mit dem Computer als Werkzeug möglich ist, dreidimensional
scheinende Gebilde herzustellen, die über den Bildschirm tanzen und dabei auch noch
"singen". Kurz gesagt, niemand verwechselt Bildhauerei mit Video- oder
Computerkunst. Warum werden an die Literatur genau solche Ansprüche gestellt? Ein
multimediales Kunstwerk, hat aus meiner Sicht die Grenzen von Literatur überschritten,
und gehört einer anderen Kunstform an.
Auf Grund der oben erwähnten Kriterien Kontext und Intention der Autorin möchte ich auch
die von Simanovski zur Gruppe 3 (lineare, interaktiv verfasste, interaktiv rezitierte
Texte) gezählten Rollenspiele und Chatgroups aus meinem Begriff von Literatur kategorisch
ausschließen. Hier besteht von den Teilnehmerinnen keinerlei Intention, Kunst zu
produzieren, was als Ausschließungsgrund ausreicht - unabhängig von Inhalt und Niveau
der Echtzeit-Plauderei. Banales Geschwätz kann zwar Element eines literarischen Textes
sein, aber nicht jedes banale Geschwätz ist deshalb Literatur. Zwei Figuren in einem
Roman/Erzählung/Drama/Gedicht können zwar Mensch-ärgere-dich-nicht spielen, das Spiel
selbst oder das Spielen ist deshalb nicht Literatur. Ich halte es für falsch, in
messianisch anmutender Heilserwartung die Internet-Literatin oder den Ulysses des WWW als
richtungsweisendes multimediales Gesamtkunstwerk (das wegen seiner Offenheit gar kein Werk
sein darf) zu erwarten, und möchte die Aufmerksamkeit auf andere Qualitäten lenken, die
das World Wide Web im Zusammenhang mit Literatur sehr wohl hat.
Fasst man, wie ich, Literatur als etwas auf, das (u.a. auch1) geeignet ist unserer
Wirklichkeitserfahrungen zu hinterfragen und als Konvention und Konstruktion zu
relativieren (so viel aufklärerisches Pathos sei auch heute noch erlaubt), verlagert sich
der Schwerpunkt von der Form zur Funktion. Damit ist die Funktion gemeint,
gesellschaftliche Diskurse aufzugreifen, weiterzuführen, als (fehl-)gesteuert zu
entlarven oder neu zu beginnen. Das WWW ermöglicht es, dies über den Rahmen eines
relativ geschlossenen einzelnen Werkes, eines Essays oder eines Artikels im Feuilleton
hinaus zu praktizieren. Im weltweiten Computernetzwerk können und sollen von Literatinnen
Räume geöffnet werden, in denen Diskurse entstehen, sich begegnen und durchdringen
können, wobei die Qualitäten der globalen Vernetzung und des (relativ) einfachen Zugangs
neue Dimensionen diskursiver Kommunikation darstellen. Nicht in aus dem Ruder laufenden
und/oder sanft entschlafenden Mitschreiberomanen2 oder in multimedial aufbereiteten
Comics3, sondern in solchen virtuellen Räumen, in denen gesellschaftlich relevante
Diskurse geführt werden (können), sehe ich das Potenzial des World Wide Web für
Literatur/Literatinnen, das auch ausgeschöpft werden sollte.
Aus dieser Position heraus möchte ich ihr zwei Web-Projekte vorstellen, deren erklärtes
Ziel es ist, Öffentlichkeit - zumindest eine Teilöffentlichkeit - zu erzeugen, einen
Raum für Diskurse zu öffnen. Beide heben sich ab von der unverbindlichen Beliebigkeit,
wie sie in offenen Diskussionsforen zum Thema Literatur oft zu finden ist. Beide
thematisieren, explizit oder implizit, einen Begriff von Literatur, Autorin, und deren
mögliche Funktionen in einer Gesellschaft, und betonen weniger ästhetisch-formale
Aspekte, sondern Zeitgenossenschaft und Einmischung, und zwar bewusst außerhalb des
schrillen Eventcharakters, in dessen Form Literatur in den Medien hauptsächlich vorkommt.
8.1. Forum der 13.
Aus einem Seminar für Nachwuchsautorinnen, veranstaltet vom Nordkolleg4, einem
Erwachsenenbildungszentrum in Rensburg/BRD, ist das Treffen der Dreizehn hervorgegangen,
das im World Wide Web als Forum der 135 firmiert. Vom 20. bis 22. August 1999 fand die
Gründungssitzung statt, in der von den Teilnehmerinnen Verbindliche Statuten6
ausgearbeitet und beschlossen wurden. Festgelegt wurde die Zahl der Teilnehmerinnen und
die Modalitäten für die im Abstand von zwei Jahren erfolgende Vergabe eines mit DM
4.000,- dotierten Autorenpreis der Dreizehn. Dieser wird von der Gruppe von dreizehn
aktiven Mitgliedern und dreizehn Gastautorinnen7 innerhalb dieser sechsundzwanzig
Autorinnen vergeben.
Man hat auf eine Offenheit und Durchlässigkeit der Gruppe Wert gelegt, so dass
theoretisch alle vier Jahre eine Erneuerung der gesamten Gruppe erfolgt. Die
organisatorische Verantwortung liegt bei zwei so genannten Sprecherinnen aus dem Kreis der
dreizehn Aktiven, die für jeweils zwei Perioden gewählt werden. Als Zielgruppe gelten
Autorinnen der jungen deutschsprachigen Literatur, die noch nicht bis zur Unbeweglichkeit
im Literaturbetrieb etabliert sind. Die Zielsetzung geht aus einem Statement von Heiner
Link und Norbert Niemann hervor:
(...) Während die Autoren von Wettbewerb zu Wettbewerb, von Werkstattgesprächen zu
Büchertagen und zurück durchgereicht werden, kristallisiert sich immer deutlicher
heraus, dass es in dieser ach so blühenden Landschaft an etwas Wesentlichem mangelt. Denn
die rasante Warenzirkulation und eine blinde Betriebsbeflissenheit haben der Literatur den
Boden entzogen, den sie braucht, um sich über die Dominanz der Institutionen und des
Marktes hinaus in ihrem Gesamtkontext entfalten zu können, sich über sich und ihr
Verhältnis zur Gegenwart zu verständigen. Schließlich sind es längst nicht mehr die
Autoren, die Literatur definieren. Vielmehr werden die Autoren und damit die Literatur von
den herrschenden Verhältnissen definiert. (...) In einer konstituierenden Versammlung
wurde versucht, ein Statut zu erarbeiten, das vor allem den jüngeren Autoren ihre Stimme
zurückgibt.(...)
Da es um eine Auseinandersetzung mit Literatur in ihrem zeitgenössischen Zusammenhang
gehen muss, wurde per Statut als fixer Programmpunkt festgelegt, für jedes Treffen
aktuell anliegende Themenkomplexe anzuregen und sie in offener Form auf der Grundlage der
literarischen Texte zu diskutieren. Besonders wichtig erschien uns der Ausschluss der
Öffentlichkeit für das Arbeitstreffen, um die Autarkie der Autorendebatten gegenüber
dem Einfluss des Literaturbetriebes zu garantieren. Statt der Kritik das erste Wort über
die Arbeitsergebnisse zu überlassen, bleibt es zunächst den Autoren und den Sprechern
vorbehalten, mit einer Abschlussveranstaltung und einer Presseerklärung Öffentlichkeit
einzuleiten.
Abgesehen von den Arbeitstreffen, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden
(vgl. obiges Zitat), ereignet sich der ständige Kontakt und Austausch der Teilnehmerinnen
in öffentlichen Raum des Internet. Hier werden die kommunikativen Möglichkeiten dieses
Mediums genützt, und gleichzeitig der Dialog für ein Publikum sichtbar gemacht.
Vom September 1999 bis September 2000 wurden die Beiträge in Form eines Forums in das
Netz gestellt (durch Passwort geschützter Zugang, nur die Teilnehmerinnen können
schreiben), die noch immer nachzulesen sind8. Von außen betrachtet stellt sich dieses
Forum als etwas unübersichtliches Konglomerat von thematischen Diskursen, tagebuchartigen
Beschreibungen oder Berichten und auch kurzen literarischen und lyrischen Texten dar.
Daneben werden, vor allem in der Anfangsphase, auch Probleme im Umgang mit dem technischen
Medium sichtbar, z. B. Klagen über mangelnde Formatisierungsmöglichkeiten (Wie mache ich
einen Absatz?) oder Kritik an anonymen Beiträgen, deren Absenderin zu signieren vergessen
hat. Bei einer Zusammenkunft in Wien (Mai 2000) wurden deshalb auch Ziele zur
Neugestaltung der Außendarstellung diskutiert:
Ansprechenderes Design
eine vom Nordkolleg unabhängige neue Internetadresse
Organisation als Datenbank mit der Möglichkeit, Beiträge nach Autorin, Thema, Stichwort
und Zeitraum zu suchen.
Ausklammerung von selbstreferenziellen Anliegen und rein Organisatorischem.
Die nach diesen Richtlinien gestaltete Web-Seite ging im September 2000 online, und
bedeutet wirklich eine Erleichterung für das interessierte Publikum, das es doch zu geben
scheint, wie die von der (ebenfalls veröffentlichten) Statistik ausgewiesenen
durchschnittlich sechzig täglichen Seitenaufrufe zeigen.
Die vielfache thematischen Auffächerung entspricht der Heterogenität der Gruppe, an der
natürlich auch gruppendynamische Prozesse beobachtbar sind. Das zeigt die gerade während
des Verfassens dieser Arbeit nach einem Treffen in Berlin (im März 2001) ausgebrochene
Richtungsdiskussion, die zum Austritt von Heiner Link, Stefan Beuse und Sarah Kahn
geführt hat. Den aktuellsten Beiträgen ist zu entnehmen, dass die Statuten aus dem Jahr
1999 obsolet geworden sind, und das das Rotationsprinzip vielleicht aufgegeben wird.
Zum thematischen Schwerpunkt hat sich ein Diskurs über die Ästhetisierung des
Politischen herausgebildet, der die Gruppe, oder wenigstens Teile davon, eine
Politisierung des Literarischen entgegensetzen will. In Planung ist (oder war; in den
derzeitigen Turbulenzen lässt sich nicht erkennen, wie es darum steht) eine Anthologie
zum Problem des Rechtsradikalismus in der Deutschen Bundesrepublik. Eine bemerkenswerte
Entwicklung, wie mir scheint. Hier wird nicht versucht, Möglichkeiten neuer
Ausdrucksformen durch Computer und Internet auszuloten, sondern es soll in einem Spin-off
eine Rückwirkung von dem, was im Netz passiert, auf die literarische Arbeit der
Autorinnen erfolgen, die sich im Dialog mit ihresgleichen selbst zu definieren versuchen.
Das von außen Beobachtbare ist jedenfalls geeignet, Interesse an den (gedruckten)
literarischen Texten der Autorinnen zu wecken, die offenbar der Meinung sind, Literatur
könne Perspektiven des Blickes auf gesellschaftliche Ereignisse oder Prozesse öffnen,
die in den alltäglichen Diskursen in den Medien, in der Politik und auch im
Literaturbetrieb vernachlässigt werden. Das würde ich einen echten Mehrwert des
ästhetischen Produkts Literatur nennen.
8.2. [house] über das fremde & die peripherie. ein salon.
Was anfangs vielleicht noch unter dem Verdacht geraten konnte, ein bloßes
Marketinginstrument für einen Roman zu sein, für den vor seinem Erscheinen Werbung
Internet gemacht werden sollte, ist nun nach etwas mehr als einjähriger Laufzeit wohl
über diesen Verdacht erhaben: Anfang des Jahres 2000 initiierten Walter Grond, Martin
Krusche und Klaus Zeyringer im Rahmen von http://www.kultur.at/ (gesponsert von T.U.B
Technologie & Unternehmensberatungs GmbH) das Projekt [house]9 als künstlerisch,
wissenschaftlich und politisch gespeistes Impuls-Netzwerk10. Ausgangspunkt ist der Roman
Old Danube House11 von Walter Grond, bzw. einzelne Passagen daraus, an die sich weitere
Ebenen anlagern. Ziel ist nicht etwa, den Roman weiter- oder umzuschreiben,
sondern unter Ausnutzung des hypertextuellen Prinzips Fragen, die Grond im Roman
aufwirft12, in einem Netzwerk diskursiv auszudehnen, in die Tiefe zu gehen, unermessliche
Tiefen auszuloten. In eher spielerischen Verfahrensweisen, mit Schnittstellen zu
EDV-gestützten Systemen, die Simulationswelten als "Parallelrealität"
anbieten.13 Dazu Klaus Zeyringer:
Hier ist das Prinzip des Hypertextes ernst genommen und nicht zuletzt auch als lustvolle
Aufbereitung aufnehmbar, der man sich - von Ebene zu Ebene k(l)ickend - hingeben kann, so
von unzähligen Schnittstellen vielfältig profitierend, von einem Dokuversum, das ins
potentiell Endlose hinausstürzt...14
Die erste Ebene bilden Passagen aus dem Roman, an die sich als zweite Ebene im Subtext
Kommentare und Statements von Zeyringer und Krusche, sowie Bilder von Gegenständen, die
aus Gronds Recherche für den Roman stammen, anschließen. Die dritte Ebene als Kontext
verzweigt sich einerseits in die projektbegleitende E-Mail-Kommunikation von
Grond/Krusche/Zeyringer, später auch von weiteren Personen, andererseits in einen so
genannten Backstage-Bereich. In Letzterem stehen zur Zeit sechsundvierzig Essays15 worin
sich neben Grond, Krusche und Zeyringer achtzehn weitere Autorinnen internationaler
Herkunft zu folgenden Themen äußern:
Kunst und Gesellschaft / Poetik des Politischen? Politik des Poetischen?
Paradigmen / Wechsel: Pluralitäten und die ganze Welt
Kulturwandel?
Das Funktionieren von Kunst, Wissenschaft und Medien
Einige Texte davon sind in englischer, französischer, spanischer und arabischer Sprache
verfasst/übersetzt. Daneben sind verschiedene künstlerische Projekte und von Krusche
redaktionell betreute offene Diskussionsforen zu den Themen Politik, Kultur, Medien und
Wissenschaft angegliedert, die im "übergeordneten" Bereich kultur.at
angesiedelt sind.
Dass es sich bei dem Projekt nicht um ein geschlossenes Biotop handelt, in dem weltfremde
Künstlerinnen und/oder Intellektuelle ihre Weisheiten austauschen, zeigt die von Martin
Krusche kolportierte Warnung von Seiten eines steirischen (ÖVP-) Politikers, man möge
aufpassen, was man beim Krusche ins Netz stelle, um eigene Projekte (Förderungen) nicht
zu gefährden16.
Also auch hier, wie bei vorher beschriebenem Projekt, der starke Bezug zum
gesellschaftlich/politisch/medialen Alltag, in diesem Fall eben zu Aspekten, die sich vom
Regierungswechsel in Österreich im Jahr 2000 herleiten. Daneben allerdings öffnen
[house] und kultur.at Räume, in denen sich einander fremde Welten begegnen: Sarajevo und
Roboterchirurgie, Intellektualität in Rio de Janeiro und Fragen der Ökonomie ebenso wie
Kunstbegriff, Migration und Genforschung. Es hängt von Lust, Zeit und
Konzentrationsvermögen der Userinnen ab Art, die gerade hier auch Leserinnen sein
sollten, wie tief sie in das Projekt eintauchen. Trotz der mittlerweile erreichten
Komplexität fällt die Navigation nicht schwer, weil es relativ wenige Knoten gibt, unter
denen die einzelnen Dokumente hierarchisch strukturiert angelegt sind, und weil von jeder
Seite aus Indizes und Übersichten aufgerufen werden können.
Auch das hinaus stürzen ins potenziell Endlose ist möglich, so habe ich mich während
eines Streifzugs durch [house] und Umgebung auch schon einmal beim Downloaden eines
Internet-Kurses ertappt17. World Wide Web at its best :-) .
Anzumerken ist noch, dass nicht geplant ist, Gronds Romane in Zukunft nur mehr im Internet
zu veröffentlichen, er bleibt als Erzähler beim Buch als Medium, wobei aber vorstellbar
ist, dass sich aus dem Web-Projekt Input für seine literarische Arbeit ergibt (was auch
für andere Beteiligte gilt). Was noch auffällt: dass es scheinbar leichter ist, jemanden
aus Ägypten oder Südamerika zur Teilnahme zu bewegen, als einheimische Künstlerinnen
und/oder Intellektuelle, von denen man vielleicht annimmt, sie hätten etwas zu sagen18.
Anmerkungen
1Ich vertrete keinen ausgesprochen elitären Literaturbegriff, und spreche Texten, die
primär unterhalten wollen, nicht generell ihren literarischen Wert ab, aber ich bevorzuge
solche, denen ein reflexives Moment innewohnt, das sich auch auf die Leserinnen
überträgt. Es schadet nämlich nicht, wenn sich beim einzelnen Subjekt - und auf allen
gesellschaftlichen Ebenen - Handeln und reflexive Betrachtung einigermaßen die Waage
halten.
2Vgl. Josef Haslingers Mitschreiberoman Der Wille meiner Mutter.
http://www.orf.at/kunst-stuecke/roman/
3Vgl. Susanne Berkenhegers Zeit für die Bombe. http://www.wargla.de/index.htm
4http://www.nordkolleg.de/
5http://www.forum-der-13.de/
6http://www.forum-der-13.de/statut.htm
7Aktive Mitglieder: Stefan Beuse, Mirko Bonné, Tanja Dückers, Arno Geiger, Sabine
Gruber, Annegret Held, Thorsten Krämer, Dagmar Leupold, Heiner Link, Norbert Niemann,
Georg M. Oswald, Lou A. Probsthayn, Leander Scholz. Die (nur 10) Gäste sind derzeit Sarah
Khan, Daniel Kehlmann, Norbert Kron, Michael Lentz, Arne Rautenberg, Nadja Einzmann, Ingo
Schramm, Raphael Urweider, Burkhard Spinnen und Ruth Schweikert. Aktuelle Meldung: Stefan
Beuse, Heiner Link und Sarah Kahn haben im März 2001 ihren Austritt erklärt.
8http://www.nordkolleg.de/forum
9http://www.kultur.at/house.htm
10Klaus Zeyringer, http://www.kultur.at/dhouse/feat02.htm
11Grond, Walter: Old Danube House. Innsbruck 2000.
12Der Roman thematisiert das Fremde In Unterschiedlicher Erscheinungsform - fremde
Kulturen, fremde Technik, Fremdheit der eigenen Existenz...
13Martin Krusche, http://www.kultur.at/van02/kontxt2.htm
14Klaus Zeyringer, http://www.kultur.at/dhouse/feat02.htm
15In Auszügen - die Volltexte sind per Download erhältlich.
16Zu finden im Diskussionsforum Politik: http://www.kultur.at/cgi-bin/f_kultur_00.cgi
17http://www.www-kurs.de/
18Michael Köhlmaier z. B. schreibt lieber im Profil einen offenen Brief an die
Unterrichtsministerin, weil ihm das mehr Aufmerksamkeit beschert (?). Wo bleiben
Liessmann, Menasse und die anderen üblicherweise Verdächtigen, die von den
diversen Printmedien zu allen möglichen Themen befragt werden, und die scheinbar auf
alles Antworten haben? Es wäre auch Platz für kontroverse Auseinandersetzungen mit den
diversen Themen. |
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