[pressbook]
[krusche•grond•house]


reset  

Bibliotheksnachrichten
Nr.5/2000

Grond, Walter:

Old Danube House: Roman
Innsbruck: Haymon 2000

ISBN 3-85218-335-9

 

Was ein Quantenphysiker einer Esoterikerin zu sagen hat.

 

Über Esoterik lässt sich gut uns ausgiebig spotten; Quantenphysiker und Vertreter der viel zitierten „Internet-Generation“ sind für Späße und groteske Überzeichnungen ebenfalls gut.  Der geheimnisvolle Nachruf im Internet auf den bosnischen Physiker Nicola Sahli beunruhigt den attraktiven Quantenphysiker Johan Nichol; sein Institutskollege ist strenggläubig und keine wirkliche Hilfe in dieser heiklen Angelegenheit. Ein Student gibt sich dem Herunterladen von Programmen und dem Design eigener Produkte hin, auch er verkörpert einen eigenen Kosmos. Bleiben die Frauen: die Russin, die Ehefrau und die bizarre Freundin des Programmierers. All diese Personen sowie einige melancholische Künstler aus Sarajewo bevölkern diesen Roman, der in all seinen Anspielungen und Überzeichnungen eher anstregend als unterhaltend ist, wohl auch nicht sein will. Die Intellektuellen ringen um die Bedeutung der Wissenschaft und damit um die eigene Existenzberechtigung, die Frauen entdecken sich selbst und damit die Energien und Schwingungen. Wie sich Johan Nichol und seine Frau nach einer dramatischen Rettung am Strand paaren, erinnert an alle Inselklischees, die man je konsumierte. Aber das gehört zum Spiel des Autors, der hinterhältig Regie führt und die Klischees  an Schlüsselstellen der Geschichte montiert. Ein bizarres Spiel mit Größenfantasien in unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsbezügen; einirrwitziger Text, der ein wunderbares Theaterstück sein könnte. Walter grond gestaltet Szenen akribisch aus, wiederholt manche Pointen stoisch und konfrontiert seine Leser/innen ungeniert mit banalen Beschreibungen sowie aufeinander kaum bezogenen Dialogen. Aber  Sätze wie „Cherie, sieh dich um. Edas Handy liegt im Wasser“ sind wiederum reizvoll für Zyniker/innen: ein Buch also für Leser/innen mit sehr schwarzem  Humor und Freude an gewollt schwülstigem Stil: „Von der Anhöhe, die sie erklommen, konnten sie am Horizont schon den Schlepper ausnehmen ...“

Christina Gastager-Repolust