local task 2003 - net art | die verschwundene galerie

David Staretz


Von: David Staretz staretz@vienna.at
An: kultur der.krusche@kultur.at
Betreff: Re: die verschwundene galerie
Datum: Montag, 02. Juni 2003 16:43

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Was ich sonst mitteilen kann:
1956 in Rosenburg am Kamp geboren, Vater Untersuchungsrichter, vom Waldviertel ins Weinviertel versetzt worden, nach halbem Gymnasium Laa bin ich nach Steyr entkommen in die Fachschule für Motoren- und Kraftfahrzeugbau. Von 1976 an mit dem Monatsmagazin Autorevue verbunden, als deren Chefredakteur (zusammen mit Herbert Völker) ich im Jahr 2000 gekündigt habe, ohne dadurch merklich an Nähe zu verlieren.

Darüber hinaus schreibe ich für etliche Magazine zu den Themen Auto, Reise, Porträt, manchmal alles zusammen in einen Text. Regelmäßige Motorkolumne in der Wochenzeitschrift profil. Tochter ist fünfzehn und beliebte Vorzugsschülerin, was ich erwähne, damit es hoffentlich auch ein Licht auf mich zurückwirft, ich war schließlich eine Niete. Nichtsdestotrotz bin ich jetzt mit einem schönen Mädchen aus Sibirien verheiratet: Viktoriya Aleksandrovna.

Meine erste Maschine baute ich vor rund sieben Jahren, um meiner Tochter zu imponieren: "Schau, was Papi aus einem Stück Holz, einem Elektromotor, zwei Federn und Drähten alles machen kann".

Das Wesen meiner Maschinen ist jene spröde Poesie, die aus Wackeligkeit und mechanischer Zweifelhaftigkeit entsteht - ein Geschenk, über das ich selbst am meisten staune. Jahrelang schulisch gedrillt, auf Tausendstelmillimeter genau zu drehen, shapen, fräsen, polieren, sind diese ärmlichen Objekte, die mich auf wunderbare Weise mit den schönsten Bewegungen belohnen, eine späte Rache am Mikrometer. Immer knapp am Hängen und Würgen, ist jeder Maschine ein Manifest des Scheiterns eingeschrieben - aber irgendwie gibt sie sich doch noch einen Ruck und zappelt weiter. Das Leben halt.

feat.jpg (13420 Byte)

Betreibe das Kontor Staretz, Texte, Maschinen als One-Man-Band mit Schlagzeug im Keller und Flamingospringbrunnen auf dem Zwischendeck. Hier schreibe ich meine Texte, und wenn mir nichts einfällt, gehe ich drei Schritte weiter zum mechanischen Arbeitsplatz und zangle an einer Maschine herum. Auf diese Weise entstehen natürlich mehr Maschinen als Texte. Der Ausstellungsraum wächst zu wie ein Drahtverhau, interessierte Passanten werden ungeduldig, also eröffnete ich das Kontor diesen Mai, schob dazu aber den Künstler Tillman Kaiser vor, von dessen Arbeit (Ölbilder und Siebdrucke) ich fasziniert und überzeugt bin.

Als nächstes wird womöglich eine junge Modeschöpferin ausstellen, gerade habe ich zwei leicht gebrauchte Kleiderpuppen erworben. Die Sachen sind im Barbarella-Stil der sechziger Jahre gehalten, aber das ist eine andere Geschichte.

Soviel fürs erste, wird wohl reichen, liebe Grüße
David Staretz


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