local task 2003 - net art | die verschwundene galerie

peter karoshi: die verschwundene galerie
(der chronist)


„Art under net conditions“, sagt Martin Krusche, auf meine Frage, was er unter Netzkunst in Zusammenhang mit dem Projekt der „Verschwundenen Galerie“ verstehen würde, der Kunstbegriff würde sich dabei nur unwesentlich von herkömmlichen Zugängen zur Produktion und Rezeption von Kunst unterscheiden. Im Zentrum stehen die reale Begegnung im Sinne der Rezeption von Kunstgütern und der Aspekt des Erzählens -, vielleicht auch über die Begegnung selbst.

Krusche hat, so wie die restlichen Aussteller in der „Verschwundenen Galerie“, kein Problem damit, sich den Betrachtern zu stellen und über seine Kunstproduktionen zu reden. Nur verständlich, dass er deshalb einen Zugang des „Hinaustragens“ der Kunst gewählt hat, indem er sogenannte Ausfahrten unternimmt und in den abseits des steirischen Landeszentrums gelegenen Gebieten in einer 40x50x100 „großen gelben Box“ Kunst ausstellt. Eine lustige Sache, wie er meint, weil man in die seltsamsten Situationen kommen kann, wenn „Abbilder der Kunst“ direkte Konfrontationen ermöglichen.

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Auf diese Weise entstehen „Zonen der Aufmerksamkeit“, die neue Raumsituationen thematisieren, denn die ausgestellte Kunst kann nur durch ein Guckloch in der Box konsumiert werden - in diese Zweiteilung der Rezeption wird eine dritte Ebene eingeflochten, indem die Kunstprodukte auch im world wide web zu betrachten sind. So stellt sich die maschinelle Generierung von Sinn und Bedeutungen als ein Brückenschlag zwischen einerseits Virtualität und Aktualität und zwischen verschiedenen Personen andererseits dar - die solcher Art entstehenden Netzwerke stellen „Art under net conditions“ dar.

Der in u.a. den Kulturwissenschaften bis vor kurzem häufig strapazierte Begriff der Hybridität wird auch in der „Verschwundenen Galerie“ – verstanden als ein „hybrider Ort künstlerischer Vorhaben“ – angestrengt; die mitunter unerwartete Verbindung unterschiedlicher Codes in der „Galerie“ macht in ihrem Zitatenreichtum tatsächlich eines deutlich: die Nähe und Verschränkung verschiedener künstlerischer Traditionen wird zu einem wichtigen Stimulans für (künstlerische) Kreativität, in der sich z. B. Martin Krusche explizit gegen die Borniertheit des steirischen Landeszentrums wendet und den Produktions- und Rezeptionsprozess bewusst in die Peripherie auslagert.

Diese Perspektiven lehnen sich eng an derzeitige Zugänge an z. B. Öffentlichkeit und Privatheit innerhalb der „Netzkultur“ an und hier liegt auch die Stärke der „Verschwundenen Galerie“: Es geht um den regen Austausch verschiedener künstlerischer und politischer Inhalte und die Schaffung von kulturellen Schnittstellen, über die solche Inhalte kommuniziert werden können. Der Ruf nach Vielfalt wird hier auf einer kunstschaffenden Ebene erfüllt.


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